IPv6 im Unterricht

Lernsituationen zum Themenfeld IPv6 sind Mangelware. An den Berufsschulen werden bisher fast ausschließlich allgemeine theoretische Grundlagen vermittelt, so zumindest die Rückmeldungen zu meinem Beitrag Stationenlernen: Informationsphase zu IPv6 und eignen Recherchen.

Mit Begeisterung habe ich den IPv6-Workshop [Zweite Auflage]: Eine praktische Einführung in das Internet-Protokoll der Zukunft von Dan Lüdtke gelesen. Hier wird ein praxisnahes Szenario beschrieben, aus dem sich eine oder mehrere Lernsituationen entwickeln lassen, in denen neben der Theorie auch die Praxis nicht zu kurz kommt.

Um den SchülerInnen einen IPv6-Internetzugang zur Verfügung zu stellen, wird die Konfiguration eines Routers, der über einen SIXXs-Tunnel ein „echtes“ IPv6-Subnetz erhält, beschrieben. Da die wenigsten Berufsschulen über IPv6 verfügen werden, ein sinnvolles Verfahren. Im Buch wird als „Router“ eine virtuelle Maschine mit Ubuntu Server genutzt. (OpenWRT oder andere Firewall-Systeme wären hier sinnvolle Alternativen, habe ich aber noch nicht ausprobiert.) Als Abwandlung läuft der Router (Ubuntu Server) bei mir auf realer Hardware (Mini-Rechner mit zwei Netzwerkkarten). NIC-1 bildet das Ende des SIXXs-Tunnel (WAN-Seite), NIC-2 versorgt die Clients auf Anfrage mit IPv6-Adressen (LAN-Seite). Dadurch müssen die SchülerInnen keinen eigenen Tunnel einrichten (die Freischaltung dauert auch mehrere Tage), sie sehen einen „realen“ IPv6-Internetzugang und können ihre eigenen Rechner verbinden.

Die Konfiguration der Client-Rechner (Windows und Linux), auch hier als virtuelle Maschinen, wird auch sehr praxisnah beschrieben Ausführlich wird auf die Link-Local-Adressen eingegangen, die SchülerInnen können mit Wireshark den zugrunde liegenden Prozess nachvollziehen. Auch Multcast-Adressen werden hier am Beispiel der Router-Adresse ff02::2 bzw. ff02::16 sehr praxisnah eingeführt. Anschließend wird auf die Vergabe der globalen Adressen (2001::) per Router-Advertisement eingegangen, auch hier sehr ausführlich durch Mitlesen mit Wireshark. Für rein lokale Anwendungen läuft auf meinem Rechner zusätzlich ein Webserver, über den sowohl über IPv4 als auch über IPv6 je eine Webseite aufgerufen werden kann. So können die SchülerInnen bereits jetzt die Funktion überprüfen (schnelles Erfolgserlebnis) und müssen „nur“ die zugrunde liegenden Vorgänge erklären. Das Thema DNS bleibt noch außen vor, je¬ nachdem ein Vor- oder Nachteil. Die Einrichtung eines DNS-Servers (Unbound) auf dem Router und die Verteilung der DNS-Adresse mittels Router-Advertisement werden ebenfalls beschrieben.

Weitere Themen sind der parallele Betrieb von IPv4 und IPv6 und die Konfiguration einer Firewall für IPv6, wie bisher mit sehr ausführlichen Konfigurationsbeispielen. Mit beiden Themen habe ich aber noch nicht gearbeitet…

Insgesamt also ein sehr lohnendes Buch zum Einstieg in das Thema IPv6 für LehrerInnen / AusbilderInnen der Netzwerktechnik.

Von Jan Quast

Ich bin Berufsschullehrer mit dem Schwer­punkt Netzwerk­technik am OSZ IMT in Berlin. Auch zu finden auf Xing