(Neue) Medien in der beruflichen Ausbildung

Bereits 1987 wurde die Rolle des Computers als Unterrichtsmedium in der informationstechnischen Bildung betont (BLK, 1987:11). Die Kultusministerkonferenz definierte 1997 die „Neuen Medien“ in Bildungsprozessen als „Gegenstand von Lehren und Lernen“ sowie als „Hilfsmittel für den Unterricht“ (KMK, 1997:1). Insbesondere in der neueren Diskussion über „E-Learning“ und den Einsatz der „Neuen Medien“ wurde eine Steigerung der Effektivität und der Effizienz des fachbezogenen Lernens prognostiziert (Tiemeyer, 2005:7). Von Hentig (2002:11) bezeichnet die elektronischen Medien als „ein Lieblingsthema der Erziehungswissenschaft“.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung förderte im Programm „Neue Medien in der Bildung“ die Integration digitaler Materialien in den Unterricht und die Schaffung eines ausreichenden Angebots an Lehr- und Lernsoftware für alle Fächer. Dabei sollten keine multimedialen Lerneinheiten geschaffen werden, „die eine Lehrveranstaltung reproduzieren, (es) sollen Angebote entstehen, die Lehrende und Lernende flexibel auf ihre Bedürfnisse anpassen und auch fächerübergreifend einsetzen können“ (BMBF, 2000). Als Kriterium für die Akzeptanz selbst erstellter oder professioneller Softwareentwicklungen wird neben der inhaltlichen Überlegenheit ihre didaktische Handhabbarkeit angesehen.

Der Begriff der „Neuen Medien“ ist ein „Sammelbegriff für Kommunikationsmittel zur Individual- und Massenkommunikation, die durch die Entwicklung neuer Technologien entstanden sind“ (Stein, 2002:17). Computer, Internet und Multimedia gelten als wichtige Schlüsselthemen der „Neuen Medien“. Die Kultusministerkonferenz definiert „Neue Medien“ als „diejenigen Medien und Informations- und Kommunikationstechniken, die durch die Nutzung von Digitalisierung, Speicherung und algorithmischer Verarbeitung die Verknüpfung und Übermittlung beliebig großer Datenmengen in kürzester Zeit erlauben“ (KMK, 1997:4).

Beide Definitionen sind unzureichend für Lehrende, da sie sich lediglich auf technische Fragen beziehen. Didaktische Funktionen und Einsatzbereiche werden nicht diskutiert. Zudem unterliegen die Medien, die als „Neue Medien“ bezeichnet werden, einem Wandel im Laufe der Zeit. So wurde in den 1960er Jahren das Schulfernsehen als ein „Neues Medium“ bezeichnet. Daher sehe ich den Begriff der „Neuen Medien“ inhaltlich und didaktisch als wenig hilfreich an und werde in dieser Arbeit allgemein nur von Medien sprechen.

Tulodziecki (1997:14) spricht von Medien, „wenn Informationen mit Hilfe technischer Geräte gespeichert oder übertragen und in bildhafter oder symbolischer Darstellung wiedergegeben werden.“ Als klassische Medien im Unterricht gelten Buch, Film, Hör- und Tonmedien. Bei Ihbe (2001:89) dienen Medien „der Übermittlung eines Inhalts an einen Empfänger … zum Zwecke der Auseinandersetzung damit.“

Das Landesinstitut für Schule und Weiterbildung in Nordrhein-Westfalen (LSW, 1998) unterteilt den Bereich der digitalen Medien in acht Kategorien:

  • Lern- und Übeprogramme
  • Intelligente tutorielle Systeme
  • Themenbezogene Datenbestände
  • Werkzeuge zum Schreiben, Rechnen, Gestalten und Kommunizieren
  • Kommunikations- und Kooperationsumgebungen
  • Simulations- und Experimentierumgebungen
  • Multimediale Erlebnisumgebungen
  • Programmierumgebungen

Neben dieser eher technischen Einteilung bot Schulze bereits 1978 eine Unterteilung von Medien unter Berücksichtigung ihrer pädagogischen Funktion (1978:47ff):

  • Medien als Lehr- und Lernmittel
  • Medien als Vermittler von Informationen
  • Medien als Wirklichkeitspräsentation
  • Medien als Kommunikationsstrukturen
  • Medien als objektivierte Instruktionssysteme
  • Medien als Technologien der Symbolisierung
  • Medien als Organisation von Öffentlichkeit

Trotz der hier angedeuteten Möglichkeiten, die der Computer bietet, lässt sich jedoch feststellen, dass bislang viele Ansätze, eine angemessene neue Darbietungs- und Präsentationsform zu entwickeln, dabei stehen geblieben sind, bereits vorhandene Inhalte traditioneller Medien in eine rechnergestützte Form zu übernehmen. Die Prämissen eines Buches werden dabei übernommen, ohne deren Tauglichkeit für das neue Medium zu berücksichtigen. Viele der in den Betrieben und Berufsschulen eingesetzten Lernprogramme verwenden starre Konzepte der programmierten Unterweisung und stehen somit im Widerspruch zu den dargestellten Prinzipien im Lernfeldkonzept. Es besteht weiterhin Klärungsbedarf, inwieweit sich die in der handlungsorientierten Ausbildung bewährten Lernaufgaben auch durch elektronische Medien wirksam unterstützen lassen (Georgieff u.a., 2005:7).

Eine Studie über mediendidaktische Ansätze in der Berufsbildung zeigte, dass vielfach keine medientheoretische bzw. keine didaktisch fundierte Grundlage für die Einbeziehung von interaktiven Medien und dem Internet vorhanden war (vgl. Meschenmoser, 1999). Georgieff, Kimpeler und Revermann (2005:63) diagnostizieren, dass „eine konzertierte Aktion oder eine stringente gemeinsame Strategie hinsichtlich einer systematischen Integration der Vorteile von E-Learning in die einzelnen Ausbildungsberufe nicht zu erkennen ist.“

Eine fundierte Grundlage bzw. eine systematische Integration der Medien und vor allem der „Neuen Medien“ zu schaffen ist Aufgabe der allgemeinen Didaktik, der Mediendidaktik bzw. der Fachdidaktik. Der Einsatz von neuen Medien in der beruflichen Erstausbildung kann also nur wirksam die Qualität der Unterrichtspraxis erhöhen, wenn die konkreten Lernsituationen didaktisch sinnvoll bzw. anspruchsvoll gestaltet werden.

BLK – Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Bildungsförderung (1987) „Gesamtkonzept für die informationstechnische Bildung“ Bonn: BLK
BMBF – Bundesministerium für Bildung und Forschung (2000) „Förderprogramm neue Medien in der Bildung“ Bonn: BMBF
Georgieff, P.; Kimpeler, S.; Revermann, C. (2005) „E-Learning in der beruflichen Aus- und Weiterbildung“ Berlin: TAB
Ihbe, W. (2001) „Lernen mit Multimedia – ein Beitrag zur Förderung beruflicher Handlungskompetenzen“ in: Pfeil, G.; Hoppe, M.; Hahne, K. „Neue Medien – Perspektiven für das Lernen und Lehren in der beruflichen Bildung“ Bonn: BiBB S.89-104
KMK – Kultusministerkonferenz (1997) „Neue Medien und Telekommunikation im Bildungswesen“ in: www.kmk.org/schul/neuemed2.pdf (17.10.2007)
LSW – Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (1998) „Lernen mit Neuen Medien“ Düsseldorf: Druckverlag Kettler
Meschenmoser, H. (1999) „Lernen mit Medien“ Baltmannsweiler: Schneider
Schulze, T. (1978) „Methoden und Medien der Erziehung“ München: Juventa
Stein, H.-D. (2002) „Lernen mit digitalen Medien“ Berlin: dissertation.de
Tiemeyer, E. (2005) „E-Learning in der beruflichen Bildung“ Darmstadt: Winklers
Tulodziecki, G. (1997) „Medien in Erziehung und Bildung – Grundlagen und Beispiele einer handlungs- und entwicklungsorientierten Medienpädagogik“ Bad Heilbrunn: Klinkhardt

Von Jan Quast

Ich bin Berufsschullehrer mit dem Schwer­punkt Netzwerk­technik am OSZ IMT in Berlin. Auch zu finden auf Xing